Hallo Freunde,
Gran Canaria, den 26. Juni 1990
Wir verlassen den kleinen Hafen Pasito Blanco auf Gran Canaria Richtung La Palma, wo wir Elga und Ernst Jürgen Koch besuchen wollen, die ersten deutschen Weltumsegler.
Zeit für Erichs Lieblings-Sundowner, seinen Gin-Tonic.
Zwar ist die Gin-Flasche leer, aber das nimmt er gelassen hin, keinerlei Grund zur Panik – der kluge Mann baut vor. Er hat (zollfrei!) 22 Liter feinsten englischen Gins – man gönnt sich ja sonst nichts – in irgendeiner der Backskisten verbuddelt. Und weil’s ja auf den Inhalt und nicht auf die Verpackung ankommt, wurde der Stoff beim Verlassen der Heimat querab von Borkum praktisch und platzsparend aus den Flaschen in einen Plastik-Wasserkanister umgeschüttet (es geht doch nichts über sinnreiche Ideen!). Der Kanister wird nun nach emsiger Sucherei wieder genussbereit an die Oberfläche gezerrt. Genussbereit? Irgendwas stimmt mit dem Inhalt nicht. „Hat sich dein Gin etwa in Whisky verwandelt?“ wage ich leicht verdutzt zu fragen, als sich beim Wiederumfüllen die leere Ginflasche langsam mit einer bernsteinfarbenen Brühe füllt. Erich hält seine Nase über die Flasche und – ziemlich fassungslos: „Schiet, riecht nach Diesel! Irgend so ein Armleuchter hat den Wasserkanister vorher mal zum Dieselholen benutzt und ich Depp hab nicht’s bemerkt.“
An diesem Abend geht unsere „happy hour“ buchstäblich die See runter. Rasmus kommt voll auf seine Kosten. 22 Liter edelster Schnaps verschwinden in seinem gurgelnden Rachen. Er verträgt’s mit Wonne und ist ein Momentchen lang ein bißchen besoffen, wundert sich wahrscheinlich heute noch über dieses überraschende Feuerwasser-Geschenk. Erich niedergeschlagen „Wenigstens sollten wir das ins ‚Gin’ness-buch der Rekorde` eintragen lassen.
Dies ist Heides Version. Meine (Erichs) sieht so aus, dass Rasmus den Betrug mit dem vergällten Schnaps natürlich entdeckt hat und uns prompt mit Feuer an Bord und Strandung in der Antarktis strafte.
Wie auch immer:
Beim Klarschiff machen bin ich in unserer Wohnung auf einen DinA4-Ordner mit alten Manuskripten gestossen, die Heide noch mit Reiseschreibmaschine an Bord geschrieben hat (damals gab´s ja weder PC noch Laptop). Sie stammen aus dem Jahr unseres Aufbruchs (1990) und sind in Vergessenheit geraten, nachdem Heide das Buch „Gestrandet…“ fertig gestellt hatte. Das Buch beginnt nämlich mit „Feuer an Bord“ in Mar del Plata. All die spannenden vorangegangenen Erlebnisse auf dem Atlantik und in Südamerika blieben unberücksichtigt.
Nun kann man ja heute solche Texte ohne Probleme scannen und wiederbeleben. Da auch die Fotos aus dieser Zeit noch in den Alukisten unter meinem Bett schlummern, habe ich mit Reinards Hilfe zehn bebilderte Episoden aus diesen Monaten des Aufbruchs und der Euphorie auf unseren Blog gestellt.
Viel Spass beim Lesen!
Heide + Erich
PS Heide und ich sind gestern zum „Weissen Stein“ gewandert – es geht aufwärts.
Der Link zu Heides E-Books:
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