La Palma, den 15. Dezember 2015
An unsere Freunde und Mitsegler
Das kommt davon, wenn man immer nur nach vorn schaut: Dann merkt man erst zwei Wochen vor Ablauf des Jahres, dass es doch Grund zum Feiern gibt: 2015 ist für uns ein Jubiläumsjahr – vor 25 Jahren, änderten wir unser Leben. Nach 27 Berufsjahren war der 30. April 1990 der letzte Arbeitstag in unseren bürgerlichen Berufen. Ab 1. Mai war es vorbei mit festem Einkommen und Arbeitgeberanteilen zur Altersvorsorge und Krankenversicherung. Da uns die Barmer nicht weiter versichern wollte und eine Private Krankenversicherung für uns beide zu teuer war, verzichteten wir in den folgenden 15 Jahre darauf, uns gegen Krankheiten und Unfälle zu versichern. Heide schrieb damals: „Wir fühlen uns frei wie Vögel, sind andererseits aber auch vogelfrei.“ Zum Glück blieben wir gesund. Ganz andere Dinge geschahen, mit denen wir überhaupt nicht gerechnet hatten. „Risiko“ ist halt etwas sehr Abstraktes.
Bereits 12 Tage nach unserem Ausstieg starten wir von Leer/Ostfriesland, segeln über den Atlantik und an der Ostküste Südamerikas entlang Richtung Feuerland und Kap Hoorn. Von dort soll´s über die Drake-Passage zur Antarktischen Halbinsel und zur Vulkaninsel Deception gehen, auf der wir bei unserem ersten Antarktisbesuch neun Jahre zuvor so eindrucksvolle und glückliche Tage verbracht hatten.
Aber diesmal ist uns nicht „das Glück der Ahnungslosen hold“, wie Heide in ihrem Buch über die erste Antarktisreise geschrieben hatte: Den ersten Knockdown erleben wir im argentinischen Mar del Plata, als durch einen Kurzschluss im Maschinenraum ein Brand ausbricht. Das Feuer, gespeist aus dem vollen Diesel-Tagestank, verwüstet nicht nur den Maschinenraum, sondern auch Achterkammer, Navigation und Messe – die Hitze ist so brutal, dass sogar die am Ende des Großbaums aufgeschossene und hochgebundene Großschot schmilzt. Ein Wunder, dass die Freydis den Brand übersteht und nicht versenkt wurde.
Und dann ein paar Monate später: Strandung im Orkan im Kratersee von Deception, die Freydis schlägt leck und läuft voll Seewasser und Gletschereis…
Aber zurück zum Jubiläum. 1990 standen wir am Scheideweg: Das alte Leben fortsetzen oder ein neues Kapitel aufschlagen? Was kam, wurde nicht einfacher, aber befriedigender, damals wie heute. Unsere Weichenstellung vor 25 Jahren haben wir nie bereut – nicht einmal in den Situationen, in denen ein positiver Ausgang sehr zweifelhaft schien.
Für uns gibt es deshalb guten Grund zu feiern!
Dazu der Weihnachtsbaum, der von unseren Mitseglern Inge und Sigi aus Dresden geschmückt wurde:
Herzliche Weihnachtsgrüße
Heide und Erich