Härtetest: Wie die Wilts die ersten 18 000 Meilen auf ihrem neuen Alu-Schiff erlebt haben
Editorial (YACHT 5/14)
Wiedersehen mit der roten Dame
Auf den Titel der YACHT schafft es nicht jedes Boot; gleich zweimal nur ganz, ganz wenige. Der feuerrot lackierten „Freydis“ ist das Double jetzt gelungen. Vor anderthalb Jahren berichtete Uwe Janßen bereits vom Probeschlag mit dem robusten 16-Meter-Blauwasserkreuzer auf der Nordsee. Jetzt, nachdem Heide und Erich Wilts damit einmal halb um die Erde gesegelt sind, befragte er die weitgereisten Eigner im Interview über Stärken und Schwächen der Alu-Konstruktion im rauen Hochseebetrieb. Das Gespräch fand allerdings nicht in Australien statt, wo die „Freydis“ über Weihnachten lag, sondern im heimischen Heidelberg. Eine Zwischenbilanz auf Zwischenstation.
YACHT Interview mit Erich Wilts: „Da gab es kein Halten mehr“
Deutschlands befahrenstes Seglerpaar hat sich ein Schiff nach Wunsch bauen lassen ─ mit mancher obskuren Idee. Was hat sich im Härtetest bewährt, was nicht? Skipper Erich Wilts analysiert seine neue „Freydis“
Nach dem Verlust ihrer alten „Freydis“ im Tsunami in Japan (YACHT 13/11) standen Heide und Erich Wilts vor einer Entscheidung von erheblicher Tragweite: Mit 68 Jahren Abschied vom Segeln nehmen oder alle Altersrücklagen für ein neues Schiff opfern. Sie bauten neu.
Nun war es schon sehr interessant, wie Deutschlands befahrenstes Seglerpaar die Dinge angehen würde, wenn bei null begonnen werden darf und nichts vorgegeben ist: Was kommt heraus beim Wünsch-dir-was? Ihre Überlegungen, basierend auf 50 Jahren auf Booten und Yachten und 300 000 Meilen im Kielwasser, mündeten schließlich in ein ganz und gar ungewöhnliches Schiff (YACHT 18/11 und 15/12). 18 Monate und eine halbe Weltumsegelung später – Australien ist erreicht – wird es Zeit für eine kritische Bilanz: Ist das gewagte Konzept aufgegangen?
Ehe die technische Analyse mit der YACHT beginnt, klärt Erich Wilts von sich aus den zentralen Punkt: „Dass wir damals nicht aufhörten, sondern ein neues Schiff bauten, war die beste Entscheidung unseres Lebens.“
YACHT: Herr Wilts, nach 18 000 Meilen mit der neuen „Freydis“ — wie macht sich die Lady?
Erich Wilts: Nachdem Atlantik und Pazifik achteraus liegen, kann ich sagen: Konzeptionelle Fehler haben wir nicht gemacht.
Das wird manchen überraschen. Der klobige Kasten unter dem Rumpf zum Beispiel, der den Schwenkkiel auf nimmt, hat bei einigen Skeptikern, nun ja, eher für Heiterkeit gesorgt.
Auch wir waren sehr gespannt, ob das alles so funktioniert. Diese Kielkasten-Konstruktion ist ja ein Novum, sie wurde nie zuvor so gemacht. Ob das Schiff zum Beispiel mit Luv oder Leegierigkeit reagiert, ob es einen negativen Einfluss gibt auf Abdrift oder Steuerverhalten, all das musste sich erst zeigen.
Und?
Es ist wirklich toll, die neue „Freydis“ lässt sich viel besser steuern als ihre Vorgängerin. Sie springt leichter an und geht nicht so behäbig durch die Wellen. Die Segeleigenschaften leiden also überhaupt nicht unter der Kielbox. Wir sind transatlantik im Verbund mit einerneuen Hallberg-Rassy 49 gesegelt, der „Rainbow“, die nur das Teuerste und Beste an Bord hatte, inklusive Segel. Sie lief natürlich mehr Höhe, aber das war vorher klar. Sie war auch bei mittleren Winden schneller, das war auch klar, weil sie erheblich leichter ist als die „Freydis“. Aber wenn wir die bunten Segel setzen konnten, haben wir sie abgemeldet. Da gab es kein Halten mehr.
Heide Wilts: Einst Abenteurer, heute Touristen
Heide Wilts befährt die Barfußroute zum wiederholten Male. Sie stellt dabei über die Jahre einen enormen Wandel fest. Länder und Leute haben sich stark verändert, das Segeln auch — vor allem aber die Segler
Die letzten Winkel sind entdeckt, das große Abenteuer, die Freiheit und Wildnis à la Jack London gibt es nicht mehr. Aber wie wirkt sich das aufs Segeln auf der Barfußroute aus? Um darauf Antworten zu finden, sind wir mit der jetzigen Reise an die besonderen Orte von früher zurückgekehrt.
Zunächst einmal hat sich über all die Jahre vor allem eines geändert: der Segler. Gerade das Segeln lehrt doch, sich zu beschränken, es beweist, wie wenig man im Grunde zum Dasein braucht. Aber heute hat man meistens das Gefühl: je mehr, desto besser. Das Spartanische an Bord wich gehobener Lebensart. Alles muss elektrisch, elektronisch, hydraulisch funktionieren. Wenn schon Weltumsegeln, dann bitte mit den Annehmlichkeiten, die man zu Hause auch hat oder die das Bordleben dem Landleben angleichen: Generator, Waschmaschine, Spülmaschine, Kühlschrank, Mikrowelle, Klimaanlage, Wasseraufbereiter, Fernseher und so fort. Und das hat Folgen über den Mikrokosmos der eigenen Yacht hinaus.
Segler sind keine bunten Vögel mehr, denen man spontan die Freundschaft anbietet und für deren Geschichten man sich begeistert. Wenn wir früher irgendwo einliefen, kamen oft wildfremde Menschen ans Schiff, boten uns an, bei ihnen Wäsche zu waschen, zu duschen, mit ihnen zu essen, sie zeigten uns ihre Farm, ihre Insel, ihr Land. Das ist nicht mehr üblich. Heute sind Segler Touristen, eine besondere Art zwar, aber eben Touristen. Und so werden sie auch behandelt.
[…] Der gesamte Bericht zum Weiterlesen (im bereits oben verlinkten 5-seitigen PDF-Dokument 0.85 MB)