Okinawa, den 16. April 2014
Hallo Freunde,
als wir Apra Harbor, den großen Naturhafen auf Guam erreichten, schlug das Wetter um. Mühsam und mit UKW-Unterstützung des Hafenmeisters kämpften wir zwei uns durch den dichten Regen an Untiefen und Riffen vorbei Richtung Marianas Yacht Club. Dort erwartete uns schon Bob, ein amerikanischer Segler, der hier vor Jahren mit seiner kleinen Yacht hängen geblieben war, um uns über die letzten Hürden zu helfen. Da wir bei dem böigen Wind der angebotenen Muring misstrauten, gingen wir zwischen zwei Riffreihen vor Anker. Als die 80 Meter Kette sich straffte, war das Heck keine 10 Meter mehr vom hinteren Riff entfernt. „Reine Nervensache!“ beruhigten wir uns. Bei 80 Metern Kette und 13mm Durchmesser würde der 60kg Bügelanker halten.
Bei den Regenschauern ließ sich kein Beamter an Bord blicken. Mit dem Dingi kurvten wir zum Yachtclub, wo uns freundliche Beamte vom Customs schon erwarteten. Die Einklarierung war schnell erledigt. Guam gehört zwar zu den USA, aber auf die üblichen Schiffskontrollen, Fingerabdrücke und Konterfeis wird hier verzichtet.
Zwei Tage später bekommen wir ungewöhnlichen Besuch an Bord. Eine große Wasserratte war einmal vor Jahren in Valdivia/Chile zugestiegen. Deren lautstarkes Geknabber in den mit Lebensmitteln vollgestopften Stauräumen unter den Messepolstern hat mich damals fast wahnsinnig gemacht: Ich stellte mir vor, wie sie genussvoll einen Lenzschlauch oder eine elektrische Leitung annagt und was danach dann alles so passiert. Nach einem Tag haben wir ihr den Garaus gemacht mit zwei schnellstens aufgetriebenen Rattenfallen.
Von wem wir hier in Apra Besuch bekamen, beschreibt Heide in einer Mail an ihre Schwester Susanne:
„Ach ja: Gestern morgen will ich Frühstück für uns machen und hole die Pfanne, da liegt darunter eine 1,5 Meter lange Schlange!! Sie schaut mich an und züngelt mir entgegen. Ich konnte es nicht glauben. Stelle die Pfanne schräg über sie. Erich wurde gleich hysterisch, sie könne giftig sein, schrie er und ich solle auf die Kühltruhe springen. Ich hab ihn dann im Dingi zu Bob geschickt – wir liegen vor Anker. Bob macht hier im YC – Umkreis alles.
Derweil habe ich ’snake-sitting‘ gemacht – sie beobachtet und kontrolliert, dass sie nicht irgendwo verschwindet. Sie hat sich zusammengerollt und dabei die Pfanne hochgedrückt, wollte schlafen.
Kurz darauf kam Erich mit Bob zurück. Der hat sie mit einem schnellen Nackengriff gepackt, aber sie hat ihn dann trotzdem böse gebissen. Sie habe noch kein schlimmes Gift, hat er gesagt, und am nächsten Tag lebte er tatsächlich noch: Es war eine junge Schlange, ihr Gift noch ungefährlich. Neulich hatte er jedoch eine armdicke in einem Schiff gefangen. Die war dann wirklich gefährlich. Sie kommen hier in den Mangroven vor und schwimmen gern und gut, gehen an der Ankerkette hoch oder achtern über die Badeplattform. Seitdem greife ich nicht mehr so achtlos im Dunkeln in die Ecken.“
Nicht nur Katzen haben mehrere Leben
Bob brachte die Schlange um, eine Braune Baumschlange, und warf sie weit weg ins Wasser. Was macht die? Schwimmt zielstrebig auf die Badeleiter der Freydis zu und will noch einmal an Bord. Da hat er ihr endgültig den Garaus gemacht.
Guam zählt mit 180.000 Einwohnern und mit 1,8 Mio japanischen Touristen, die hier zollfrei einkaufen können, dem American Way of Life und dem vielen Militär sicherlich nicht zu unseren Favoriteninseln. Trotzdem haben wir uns wohlgefühlt: Wir trafen sehr nette Yachties aus aller Welt – die meisten davon wie wir auf dem Wege nach Japan und Alaska, bewunderten die Bucht, in der Magellan das erste Mal seit Feuerland fremden Boden betrat und bekamen schnell Kontakt zu den Mitgliedern des Marianas Yachtclub, die uns in jeder Weise behilflich waren. Leider hatten wir durch den Taifun auf dem vorangegangenen Törn wertvolle Tage verloren. Gerne wären wir noch geblieben, auch, um die Seele ein wenig baumeln zu lassen.
Dafür hatten wir dann Zeit auf dem Folgetörn von Guam nach Okinawa – dachten wir optimistisch. Aber es kam mal wieder ganz anders!
Fortsetzung folgt.
Herzlich
Heide + Erich