HURRA, wir leben noch

Guam, den 14. März 2014

Hallo Freunde,

beginnen wir mit einem Dank an unsere Freunde Thilo und Jochen, die uns aus der Ferne wieder einmal beigestanden haben. Ihr erinnert Euch: Kurz vor Rabaul waren aus bisher nicht geklärter Ursache die vier Verbraucherbatterien und die dazu gehörige Lichtmaschine ausgefallen. Bis Rabaul mussten Starterbatterien und -lichtmaschine deren Aufgabe, das Bordnetz zu speisen, übernehmen.

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Ersatzteile…

In Rabaul bekamen wir zum Glück vier neue japanische Säurebatterien und in buchstäblich letzter Minute brachten unsere Mitsegler Barbara + Thomas eine neue Lichtmaschine aus Deutschland mit, die Thilo dort samt Regler und Riemenscheiben organisiert hatte.

…und Feueralarm

Elektriker und Schweisser der Firma Island Shipping unserer Freunde Jürgen und Kessia Ruh aus Rabaul halfen beim Einbau. Dabei lösten sie leider diverse Kurzschlüsse aus, die zum Brand im Trafokasten der Wind- und Wassergeneratoren in der Achterpiek führten. Ein herber Verlust für uns. Keine alternative Energie mehr aus Wind und Wasser. Künftig waren wir allein auf die Lichtmaschinen am Motor und – im Notfall – auf die beiden Honda-Benzingeneratoren angewiesen.

Und endlich ein Traumtörn

Vor uns lag ein Törn durch die Inselwelt Mikronesiens nach Guam zur besten Jahreszeit im Nordostpassat, der nach allen Informationen sehr gleichmäßig wehen soll (über 90%). Die Wahrscheinlichkeit eines tropischen Sturms in den Monaten Dezember bis April ist trotzdem nicht ganz auszuschliessen. Wir mussten nur noch ein kurzes Stück mit Maschinenunterstützung durch den Kalmengürtel über den Äquator, dann konnte das pure Segelvergnügen beginnen.

Jochen Terjung, Fluglotse i.R., langjähriger Mitsegler und Freund aus Düsseldorf, versorgte uns über Satphone mit den Wetterberichten aus dem Internet, zu dem wir an Bord keinen Zugang haben.

Im Hintergrund verfolgten ebenfalls Dr. Meeno Schrader und Sven Taxwedel von Firma „WetterWelt“ in Kiel das Wettergeschehen, um uns mit Wetterinfos und Rat beizustehen, für den Fall, dass es kritisch würde.

Irrfahrten

Bis zu unserem ersten Ziel, den Green Islands, die noch zu Papua-Neuguinea gehören, ging auch alles gut. Auf dem Weg zum nächsten Atoll Nuguria gab es die ersten bösen Überraschungen: Stürmische Winde aus Nordwest, nächtliche Sturmböen, drei Reffs im Groß und Patenthalsen.

Die Nuguria Inseln unter diesen Bedingungen anzulaufen, war viel zu gefährlich. Also auf zum nächsten Atoll, Kapingamarangi. Auf dem Weg dahin wieder nächtliche Böen, diesmal in Orkanstärke, wieder aus der falschen Richtung. Sechs Stunden lagen wir beigedreht, dann ging der Wind langsam zurück auf 5-6 Bft. Aber wir konnten das Atoll nicht mehr anliegen und die schmale Einfahrt wäre auch zu riskant gewesen. Also auf zum nächsten Atoll, dem weiter nördlich gelegenen Nukuoro.

Längst hatte unser Wetterfrosch Jochen auf unsere Bitte als Experten Sven Taxwedel von Meeno Schrades „WetterWelt“ hinzugezogen. Beide kannten unsere Ziele und unseren Zeitplan und berieten uns die nächsten zwei Wochen. An manchen Tagen standen wir bis zu viermal mit Ihnen in Verbindung.

In Nukuoro lag außer uns die deutsche Yacht „La Gitana“ vor Anker. Michaela und Volker wollten nicht wie wir nach Guam, sondern Richtung Westen über Yap und Palau nach Singapur. Über vier Wochen warteten sie bereits auf Winde aus dem östlichen Quadranten, aber das Wetter „spielt verrückt“.

Sie kannten sich in diesem Seengebiet bestens aus, gaben uns wertvolle Tipps. Von einem Besuch Wenos, der Hauptinsel in der Chuuk Lagune, die wir eigentlich als nächstes besuchen wollten, rieten sie ab („Wegen hoher Kriminalität, unfreundlichen, schikanösen und korrupten Beamten hält sich dort keine Yacht mehr auf.“).

Und noch ein Orkantief dazu

Auf ihre Empfehlung und nach Rücksprache mit unseren Wettergurus in Deutschland liefen wir weiter nach Norden in Richtung Oroluk-Atoll. 60 Meilen vor unserem Ziel kam dann die niederschmetternde Nachricht aus Deutschland, dass sich im Nordwesten von uns auf 9° Nord und 148° Ost ein Orkantief ausbildete, zu dem wir gebührend Abstand halten sollten, mindestens 100 bis 200 Seemeilen. Dieses Orkantief bliebe vermutlich noch zwei Tage stationär, um danach schnell nach Norden oder Nordwesten weiterzuziehen. Unsere Gurus konnten aber nicht ausschliessen, dass das Tief vorübergehend nach Osten, also uns entgegen ziehen würde. Chuuk sollten wir deshalb nicht anlaufen, es könnte zur Falle werden.

Wir hielten auf das Tief zu, das uns den Weg nach Guam versperrte, drehten bei und warteten einige Tage darauf, das es nach Norden wandert. Aber der Orkan blieb stationär, der Kerndruck vertiefte sich sogar, die Seen wurden immer höher, der Radius des Tiefs immer größer. Dann wurde FAXAI zum Taifun eingestuft – ein Schock für uns alle.

Inzwischen war die Zeit knapp geworden. Der erste Flieger unserer Mitsegler nach Deutschland ging bereits am 8. Februar in der Frühe, so dass wir zu rechnen anfingen: Als wir am 3. in der Frühe immer noch kein grünes Licht aus Deutschland bekamen, gaben wir auf und entschlossen einstimmig, zurück nach Chuuk zu laufen, damit unsere Mitsegler von dort einen Flieger nach Guam nehmen konnten, um ihre Anschlussflüge nach Deutschland zu erreichen.

Hospitalschiff Freydis

Längst war die gute Urlaubsstimmung dahin. Mitsegler Mini lag eine Woche mit Fieber in der Koje, Heide versorgte ihn ärztlich und kümmerte sich um sein Wohlbefinden. Sie selbst litt unter einem schmerzhaften Schulter-Arm-Syndrom. Minis Ruderwache übernahm der Skipper, der aber ein entzündetes und geschwollenes Bein hatte, das das Rudergehen für ihn zur Tortur machte. Sven und Andreas waren seekrank, kamen nur zur Wache an Deck und verschwanden dann wieder in der Koje.

In diesen turbulenten Tagen waren Barbara und Thomas unsere größte Stütze – ruhig, besonnen, immer bereit, mit anzufassen.

Eine weitere Nacht in der aufgeregten See blieb uns erspart: Gerade noch rechtzeitig bei Einbruch der Dunkelheit konnten wir in der Abdeckung einer kleinen Insel in der Chuuk-Lagune vor Anker gehen.

Andreas brachte beim Abendessen den ersten Toast auf den Skipper und seine Frau für die gute Schiffsführung und sichere Landung aus. Wir schreiben das, weil es uns nach all den Sorgen, Ängsten und Strapazen sehr gut getan hat.

Wie zu erwarten, war die Einklarierungsprozedur ätzend, aber nach zwei Tagen hielt Heide die Ein- und Ausklarierungspapiere in der Hand.

Unsere Crew musterte ab, alle hatten sie einen Flug nach Guam gebucht. Zu unserer Überraschung ging auch Andreas von Bord, der uns eigentlich nach Japan begleiten wollte.

Zu zweit nach Guam

Auf uns beide kam eine schwierige Aufgabe zu: Beide Selbststeueranlagen waren ausgefallen, eine neue sollten wir erst in Guam bekommen. 600 Meilen nonstop zu zweit nach Guam per Hand steuern, das heisst stündlicher Wechsel am Ruder, ein Joch, das Heide mit lädierter Schulter und ich mit einer Infektion im Bein zu tragen hatten. Alle acht Stunden spritzte Heide mir Heparin, um einer Thrombose vorzubeugen (wie sonst nur auf unseren Interkonti-Flügen) und dazu nahm ich hochdosiert Penicillin gegen die Entzündung.

Der Wetterbericht war günstig, das erste Mal auf der ganzen Reise. Ein Wetterfenster mit Nordwinden zwischen 10 und 20 Knoten. Nach einem weiteren vergeblichen Versuch, eine der ausgefallenen Selbststeueranlagen doch noch in Gang zu bringen, liefen wir aus.

Zweimal täglich drehten wir eine halbe Stunde bei, um gemeinsam zu essen, und in der Nacht noch einmal 4 bis 5 Stunden, um zu schlafen.

Am Montagnachmittag erreichten wir Apra Harbor auf Guam, vier Tage nach unserem Aufbruch in der Chuuk Lagune. Das günstige Wetterfenster, das uns Jochen vorausgesagt hatte, ging in der Einfahrt von Apra abrupt zuende. Von einer Minute zur anderen stürmte es und schüttete vom Himmel. Die Sicht war gleich null.

Geschafft

595 Seemeilen in 74 Stunden – das war neuer Freydis-Rekord!

Dankbar und erleichtert ankerten wir vor dem Marianas Yacht Club, wo uns schon die Zollbeamten erwarteten und uns zügig einklarierten (wir waren in Amerika!). Erst dann konnten wir unsere Wunden lecken und fielen in erholsamen Schlaf.

Es grüßen Euch herzlich
Heide & Erich

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