Rundbrief 17. August 2009

An unsere Freunde und Mitsegler

Heidelberg, 17. August 2009

„Wenn die Zeit kommt, in der man könnte, ist die vorüber, in der man kann.“

Dieser Spruch stammt von einer klugen Frau, der Dichterin Marie von Ebner-Eschenbach.

„Das soll uns nicht passieren!“ haben wir vor 20 Jahren beschlossen und unsere bürgerlichen Berufe aufgegeben, um auf der Südhalbkugel zu segeln. Vor fünf Jahren sind wir – nach gründlicher, aufwändiger und anstrengender Überholung der FREYDIS – erneut von Deutschland aufgebrochen: Diesmal waren unsere Ziele die Aleuten und das Beringmeer, der Golf von Alaska und Britisch Kolumbien. Vor zwei Monaten haben wir nun auf dem Rückweg San Diego erreicht und damit den Kreis geschlossen.

Vier Jahre, von 2006 bis 2009, sind wir in den Gewässern Alaskas und Britisch Kolumbiens gekreuzt. Die faszinierende Realität Alaskas war noch schöner als der Traum in unseren Köpfen, dem wir gefolgt sind und der uns in dieses Revier geführt hat. Waren es die grandiose Landschaft mit ihren Gletschern und Vulkanen? Die Wildnis und der Tierreichtum? Die gastfreundlichen und hilfsbereiten Menschen in den wenigen Fischersiedlungen? Der Überfluss an Lachs und Heilbutt? Die vielen schönen gemeinsamen Erlebnisse mit gleichgesinnten Mitseglern ?

Vancouver – San Diego

Tatsache ist: Als wir uns in diesem Jahr auf dem Wege von Vancouver nach San Diego immer weiter von Alaska entfernten, wurde unsere Sehnsucht immer größer. Ein Gefühl fast wie Heimweh.

Geänderter Törnplan 2010

Kurz entschlossen haben wir unsere Pläne geändert: Der schon fertige Törnplan durch die Südsee und nach Neuseeland kam in die Schublade („..aufgeschoben ist nicht aufgehoben..“). Es geht noch einmal im großen Bogen zurück. Zuerst nach Hawaii, Kauai und zum Midway Atoll, zu Inseln, die wir bereits 2006 besucht haben. Danach betreten wir Neuland: Sind wir vor vier Jahren vom Midway Atoll direkt nach Norden zu den Aleuten gesegelt, wollen wir diesmal immer weiter nach Westen bis zu Inseln, von deren Existenz wir vor zwei Wochen noch nichts gehört haben und über die Informationen zu erhalten auch im Zeitalter des Internet schwierig ist. Z.B.: Minami-Tori Shima (auch Markus-Insel genannt), eine kleine Koralleninsel, der östlichste Landzipfel Japans, soweit abseits aller Segelrouten, daß wir wahrscheinlich die ersten Yachtsegler überhaupt sind, die hier aufkreuzen.

Unbekannte Inseln

Habt Ihr schon mal von NANPO SHOTO, den „Südlichen Inseln“ gehört, eine japanische Inselkette, die sich von Tokyo Bay aus 1200 km in südliche Richtung erstreckt? Sie besteht aus über 40 tropischen und subtropischen Inseln, z.B. Chichi Shima, über die wir im Lonely Planet JAPAN folgendes gefunden haben: „Umspült von tropischen Gewässern mit Korallenriffen tauchen die paradiesischen Ogasawara-Inseln 1000 km vor der Küste Tokyos mitten im unendlichen Blau des Pazifik auf. Sie zählen zu den interessantesten Reisezielen in ganz Japan und bieten alles, was das Urlaubsherz begehrt…Heute verirren sich nur selten Besucher aus Europa oder Nordamerika hierher…Natur, Geschichte, überhaupt die ganze Insel – wer wirklich ein besonderes Abenteuer erleben will, muß einfach hierher reisen.“

Die Ogasawara Inseln werden wegen ihrer einzigartigen Flora und Fauna als die GALAPAGOS DES ORIENTS bezeichnet und sind der UNESCO für die Aufnahme als Weltnaturerbe vorgeschlagen.
Die Sprachbarrieren in Japan sind hoch, aber die wenigen Yachties, die bisher in japanischen Gewässern gesegelt sind, schwärmen von der Gastfreundschaft ihrer Bewohner.

2011: Japanische Inseln

Im Jahr darauf (2011) segeln wir durch die japanischen Küstengewässer nach Hokkaido. Irgendwann landen wir an der zu Sibirien gehörenden Halbinsel Kamtschatka. Auch ein sehr verlockendes Ziel. Von dort könnte der Kurs über die Aleutenkette zurück zur Alaska-Halbinsel und in den Golf von Alaska führen. Ihr erinnert Euch? Ja ? Wir besuchen dann hoffentlich wieder im Uyak-Fjord auf Kodiak unseren Freund Duncan Fields und seine Familie beim Lachsfischen und schauen auf der anderen Seite der Shelikof-Strait im Katmai-Nationalpark, ob unsere jungen Bären inzwischen groß und stark geworden sind.

Laßt uns die Segel setzen!

Einzelheiten findet Ihr im TÖRNPLAN 2010 hier als PDF oder auf unserer Homepage.

Viele von Euch sind zur Zeit vermutlich…

… noch auf dem Wasser unterwegs. Für uns dagegen war die Saison 2009 früh zuende. Wir wollten nicht in die hochsommerliche Hitze Südkaliforniens geraten und erst recht nicht in die amerikanische Urlaubszeit im Juli/August, wenn tausende von Segelbooten aus den Marinas in die Buchten Kaliforniens strömen. Diese Rechnung ist auch aufgegangen. Auf der ganzen weiten Strecke von Britisch Kolumbien bis an die mexikanische Grenze sind uns nur wenige Yachten begegnet. Nicht nur die See, auch die wunderschönen Buchten gehörten uns. Dafür durften wir uns aber zu Beginn der Reise über den „Kaltstart“ in Britisch Kolumbien nicht beklagen. Was uns schon oft passiert ist: Der Winter war ungewöhnlich heftig und lang. In der ersten Nacht gefror der Inhalt unserer Pütz an Deck zu einem Eisklotz und in der letzten Nacht vor dem Abslippen verabschiedete sich der Winter mit 10 cm Neuschnee an Deck. Zwei Wochen haben wir beide gebraucht, um die Freydis bei klirrender Kälte und schneidendem Wind betriebsbereit zu machen. Nicht für Geld und gute Worte waren die Arbeiter der Marina bereit, uns beim Schleifen und Anstreichen zu helfen – sie arbeiteten lieber in den überdachten Schuppen und wir konnten es ihnen nicht verdenken. Wir montierten die von unserem Freund und Nachbarn Jürgen in Heidelberg kunstvoll reparierte Trommel der Rollgenua. Es folgten Schweißarbeiten im Cockpit und Maschinenraum, dann der Anstrich über und unter der Wasserlinie, naja – das volle Programm….

Aber die folgenden vier Wochen, in denen wir zu zweit in Tagestörns die Discovery Islands und den Desolation Sound erkundeten und uns langsam in Richtung Vancouver bewegten, entschädigten uns für die martialische Arbeit vor dem Start. Die Strait of Georgia mit ihren vielen Inseln ist fürwahr ein phantastisches Segel- und Ankerrevier. In Vancouver fühlten wir uns bald heimisch, nicht zuletzt wegen Gerd und Linda Müller, den Trans-Ocean Stützpunktleitern, die wir ja schon im Vorjahr kennengelernt hatten und denen wir an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich danken für Ihre vielen wertvollen Tipps, Ihre Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft.

Ab Vancouver segelten wir mit Crew, zuerst durch die Gulf Islands nach Victoria, von dort über die Juan de Fuca Strait nach Port Angeles zum Einklarieren in die USA. Von dort segelten wir nonstop die 867 Meilen in die Bucht von San Francisco – ebenfalls ein tolles Revier mit einem ausgezeichneten Liegeplatz dicht bei der Golden Gate Bridge. 10 Tage hatten wir für die Stadt eingeplant. Zu wenig, denn es gab viel zu sehen, nicht nur in der Stadt, sondern auch im Umland und im Yosemite National Park.

Weiter ging die Reise Richtung Süden. Immer noch waren die Wassertemperaturen unter 10°C. Das änderte sich schlagartig, nachdem wir den berüchtigten Point Conception passiert hatten, der auch wegen häufiger und tückischer Stürme als „Kap Hoorn des Nordpazifik“ bezeichnet wird.

Zwei Wochen, in denen wir die Channel Islands besuchten, brachten den krönenden Abschluß der diesjährigen Freydis-Saison: Fünf der acht Inseln bilden den Channel Islands Nationalpark. Weil er so schwer zu erreichen ist, wird er von allen US-Nationalparks am seltensten besucht. Gut für die Pflanzen- und Tierwelt, die uns in Erstaunen versetzt hat. Nie hätten wir so viele Seelöwen, Seebären und sogar Seeelephanten vermutet, die zu zigtausenden an den Stränden ihre Jungen aufziehen. Es gibt eine Fülle endemischer Pflanzen und vor allem Seevögel brüten zu Hunderttausenden auf den Inseln. Die meisten Ankerplätze boten uns guten Schutz, so daß wir unbeschwert auf den Trails wandern konnten. Fast überall waren wir die einzigen !!! Besucher.

Dank

Bedanken möchten wir uns bei unseren Mitseglern, die alle, bis auf eine „Neue“, mit uns und der Freydis von früheren Reisen vertraut waren, für ihre Kameradschaft. Fazit: Es hat Spaß gemacht!

Zur Zeit dümpelt die Freydis in einer sündhaft teuren Marina in San Diego. Über die nur 10 Meilen entfernte mexikanische Grenze – und damit in billigere Gefilde – haben wir uns nicht getraut. Drüben tobt ein gnadenloser Bandenkrieg um Drogen und die Polizei soll korrupt sein. In diesem „Krieg“ hat es alleine in der Grenzstadt Tijuana 2008 über 450 Tote gegeben. Also beißen wir lieber in den sauren Apfel und schlucken die teure Marina.

Gerade haben wir für Mitte September Flüge nach San Diego gebucht. Wir wollen die Freydis frühzeitig fit machen für die Herausforderungen, die am Jahresende auf sie zukommen. Denn dann geht es über den ganzen Pazifik nach HAWAII und JAPAN.

Zum guten Schluß

Unsere Mitsegler Hildegard und Peter aus dem bayrischen Ramerberg hatten im GEOGRAPHIC HARBOR nach bestandenem „Bärentest“ beschlossen und verkündet, sich nach ihrer Rückkehr in der Heimat das Jawort zu geben. Jedenfalls haben die beiden am 12. Juni geheiratet.

HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH EUCH BEIDEN von uns und allen anderen aus der Crew.

Auf ein baldiges Wiedersehen

Eure
Heide & Erich

Dr. Heide & Dipl.-Kfm. Erich Wilts
Untere Büttengasse 3
D-69121 Heidelberg
Phone : +49-6221 -47 37 24
Fax : +49-6221 -438 60 99
Mobil : 0175 – 5227 201
Email: wilts@freydis.de
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